Das Konzept
Film: Aufbau einer Erlebniskirchenburg
Was wird das neue Jahr 2015 bringen?
…vor allem zwei große Themen:
· Das Innenraumkonzept und die ersten daraus folgenden Leistungen, beginnend am Fußboden.
· Den Einstieg in die Reparatur und Gestaltung der Außenanlagen – wir sind bereits dabei und können schon erste Einblicke geben:
Eine Studie von Architekt Karsten Merkel zur Außenanlage.
Dach, Aussichtstürmchen und Storchennest auf dem hinteren Turm sind eingezeichnet, wobei der Aussichtspunkt natürlich keine Kopie der Turmspitze wird, allerdings Teile der alten Zimmermannsarbeit "rettet".
Die Studie dient vorläufig der besseren Erkennbarkeit der Anliegen an denen wir arbeiten und wird weiterentwickelt. Sie lüftet noch nicht alle Geheimnisse. Nicht allein die Kirche wird erneuert. Im Zusammenhang des Wiederaufbaus entsteht eben auch ein neues Gesamtkonzept für die Burganlage, schon wegen dringend nötiger Leistungen in bestandsgefährdeten Bereichen.
Das neu zu entwickelnde Konzept möchte unsere Burganlage funktionaler ausprägen und ihre Geschichte wie auch ihren Bestand kreativer erschließen und wendet sich sowohl an uns Walldorfer, als auch an unsere Gäste. Ausdrücklich arbeiten wir jedoch an einer sanften Sanierung. So soll der Bauerngarten unbedingt erhalten bleiben und möglichst viel vom alten Flair.
Es ist erklärtermaßen nicht unser Ziel, möglichst viele Reisebusse zu betreuen, sondern unseren Kindern einen geschützten Raum zu erhalten (Burg!!), den Vögeln und heimischen Tieren ihr Biotop und Radfahrern entlang des Werraradweges wie auch anderen Individualurlaubern einen authentischen Halt auf ihrer Route.
· Das Leitmotiv all unseres Tuns ist und bleibt "Gemeindekirche" – also die Nutzung.
· Unser Ziel: Walldorfs "Ort des Glaubens" baulich-gestalterisch und auch geistlich lebendig zu halten.
Danke für Ihr Interesse!
Herzliche Segenswünsche
und Gottes Geleit im neuen Jahr 2015!!
Ein gutes Miteinander!!
Ihr Heinrich v. Berlepsch
Werrabote, Samstag 15. Februar 2014
Seele der alten Burgkirche gesucht
(Abdruck mit freundlicher Genehmigung von FWMeininger Tageblatt)
Der Walldorfer Pfarrer Heinrich von Berlepsch und Architekt Karsten Merkel haben die Vorhaben für 2014 abgesteckt. Der Wiederaufbau der Wehrkirche wird 2014 wieder ein ganzes Stück vorangebracht. Foto: 0. Benkert
Der Wiederaufbau der am 3. April 2012 ausgebrannten Walldorfer Wehrkirche ist in vollem Gange. Nach erfolgter Sanierung des Kirchturmes sollen nun neue Glocken gegossen und aufgehängt, das Fundament des Kirchenschiffs stabilisiert und der Innenausbau in Angriff genommen werden. Im Gespräch mit FWMeininger Tageblatt erläutern Walldorfs Pfarrer Heinrich von Berlepsch und der zuständige Architekt Karsten Merkel, was 2014 alles geplant ist.
Der Wiederaufbau der Wehrkirche nimmt Gestalt an. Im vergangenen Jahr konnte der Turm saniert und mit einer neuen Haube und Spitze versehen werden. Entsprach dies vom Ablauf und der Ausführung den Vorstellungen der Kirchgemeinde?
Pfarrer Heinrich von Berlepsch: Ja, perfekt. Wir sind sehr glücklich darüber. Es ist genau nach dem Muster und Vorbild der alten Kirche geschehen und ein wichtiges Zeichen desBaufortschritts. Wenn man sich Walldorf jetzt nähert, ist der Ort kein Suchbild mehr, denn der Kirchturm ist weithin sichtbar. Die Landmarke ist wieder da. Emotional ist damit einweiteres Stück vom Trauma des Brandes abgebaut.
Der Kirchturm ist erst mit seinem Geläut wieder komplett. Vier neue Bronzeglocken möchte die Kirchgemeinde aufhängen. Lässt sich das auch umsetzen?
Von Berlepsch: Zu hundert Prozent. Bronze klingt auch sehr viel besser als Eisenhartguss. Wir werden eine hörbare Steigerung erfahren. Wir freuen uns auf die neuen Glocken in der altbekannten Stimmlage, trauern aber auch um unsere alten.
Wenn alles funktioniert, wollen wir am 29. Juni die Glockenweihe durchführen.
Pfarrer Heinrich von Berlepsch
Gibt es für das Vorhaben bereits einen Ablaufplan?
Pfarrer Heinrich von Berlepsch: Wenn alles funktioniert, wird am 29. Juni die Glockenweihe gefeiert. Die Woche davor dient der Montage, davor werden die Glocken in Walldorf einen Ehrenplatz in der Nähe des Kranes in der Pfarrgasse bekommen und können eine Woche lang von Walldorfern und Gästen besucht, bestaunt, gestreichelt und geschmückt werden.Entsprechende Zeit davor fahren wir zum Glockenguss. Ich denke wir bekommen ein bis zwei Gemeindebusse voll. Die Gießereien sind darauf eingestellt.
Steht schon fest, wo sie gegossen werden?
Von Berlepsch: Nein, die Ausschreibung dazu läuft jetzt an. Wir sind gerade dabei, die Glockenzier zu entwickeln. Jede Glocke wird von alters her verziert. Die Kirchgemeinde arbeitet an der Gestaltung mit. Wir haben kürzlich zum Glockenabend im Gemeindezentrum Kressehof viel darüber erfahren, wissen also, was sich so machen lässt. Klar sind dieGestaltungsthemen. Diese wurden an drei Künstler weitergereicht, die uns dazu je einen Gestaltungsvorschlag unterbreiten.
Die Ansicht der Kirchenfassade soll so bleiben, wie sie die Walldorf er seit fast 100 Jahrenkennen.
Architekt Karsten Merkel
Warum gerade drei Künstler?
Architekt Karsten Merkel: Die Anzahl ist praktikabel und die Künstler haben schon in dem Bereich gearbeitet. Zwei Künstler sind beim Architektenwettbewerb mit dabei gewesen und sind mit der Gesamtproblematik Wiederaufbau der Wehrkirche vertraut. Auf die drei Themen hat sich der Gemeindekirchenrat geeinigt.
Wie lauten diese?
Merkel:
1. Glaube, Liebe, Hoffnung, Freude.
2. Osten - Süden - Westen - Norden sowie als Varianten auch Morgen, Mittag, Abend, Nacht oder der Lebenslauf von Geburt bis zum Tod und
3. Feuer, Wasser, Erde, Luft aus christlicher Sicht.
Das Mauerwerk des Turms ist im letzten Jahr neu verfugt und damit zugleich sichtbar belassen worden. Jetzt soll aber die Kirchenfassade entsprechend der Denkmalschutzauflage verputzt werden. Wie passt das zusammen?
Merkel: Nach vielen Recherchen, Gesprächen und Überlegungen hat der Gemeindekirchenrat beschlossen, dass nicht nur der Kirchturm, sondern auch das restliche Mauerwerk von Hauptschiff und die Sakristei analog dem Turm verfugt werden. Die Ansicht soll so bleiben, wie sie die Walldorf er seit fast 100 Jahren kennen. Das ist Beschluss des Bauherrn. Bauherr ist die Kirchgemeinde Walldorf. Es läuft in Bezug auf die Empfehlung, die Gesamtanlage zu verputzen, ein Widerspruchsverfahren.
Was glauben Sie, wie die Untere Bauaufsicht als Genehmigungsbehörde darauf reagiert? Mit welchen Konsequenzen müssen Sie jetzt rechnen?
Merkel: Die Bauaufsichtsbehörde hat einen sogenannten Abhilfebescheid erteilt. Das heißt, dass wir dieser Auflage des Landes, die Kirche zu verputzen, nicht nachkommen müssen. Dennoch müssen wir uns mit der Landesbehörde dazu ins Benehmen setzen und uns einigen. Wir unterstehen auch einem innerkirchlichen Genehmigungsverfahren. Wir sind bereits mittendrin.
Eine Kirche mit einem Vollverputz konserviert den Bau am besten, sagt die Fachbehörde. Die Kirchgemeinde weiß es besser: Welche Argumente hält sie dagegen?
Von Berlepsch: Der Putz hält aufgrund der Witterungsbeanspruchung und des Sandsteinmauerwerks darunter nicht viel länger als zwei bis drei Jahrzehnte. Bereits nachzehn Jahren müssten wir mit den ersten deutlich sichtbaren Schäden rechnen. Das wissen wir aus einem Gutachten unserer Fachplanerin. Der Gemeindekirchenrat sagt, wenn wir jetzt einen Vollverputz anbringen, geben wir den Nachfahren in spätestens 30 Jahren die Aufgabe, wieder ein Komplettgerüst an die Kirche zu stellen, um den Putz neu aufzuarbeiten - das ist zu teuer, dazu haben wir kein Geld. Das Gutachten unserer Steinrestauratorin weist nach, dass die Steine der Kirche stabil sind und ohne Bedenken langfristig verfugt werden können. Darauf werden wir uns verlassen. Nicht ausbleibende kleinere Schäden lassen sich bei einer Verfugung wesentlich kostengünstiger reparieren als eingefärbter vollflächiger Verputz. Hinzu kommen ästhetische Gründe, von denen sich die Kirchgemeinde bei ihrer Entscheidung leiten ließ, die Kirche so zu belassen, wie sie dieWalldorfer kennen und mögen.
Welche der beiden Variante ist billiger?
Merkel: In der Erstausführung sind sie kostentechnisch gleich. In der langfristigen Unterhaltung käme die Verputzung teurer.
Letztes Jahr haben Künstler und Architekten im Rahmen eines Wettbewerbes Vorschläge für die Innengestaltung der Kirche eingereicht. Zwei davon sind prämiert worden. Welcher Vorschlag von beiden wird umgesetzt?
Von Berlepsch: Das Nachdenken über Ergebnisse des Wettbewerbs hat mich sehr viele schlaflose Nächte gekostet. Auch vielen Walldorfern ist es so ergangen wie mir. Dennoch, derWettbewerb war erforderlich, um das ganze beschaffbare, kreative Potenzial in den Gestaltungsprozess einzubinden und keine Ideen zu verschenken. Doch wir haben bei beiden das deutliche Gefühl, dass sie mit ihren Vorschlägen Architektur in unsere Kirche hineinbringen, die sie überfremdet, selbst wenn wir einräumen, dass überzeugende Architektur manchmal am Kontrast partizipiert. Wir haben uns wirklich sehr viel Zeit genommen und die Entwürfe auf uns wirken lassen. Dabei reifte die Überzeugung, dass wirden Kircheninnenraum aus einem anderen Blickwinkel betrachten möchten, als in den beiden Entwürfen geschehen. Zweifellos, wir wollen unsere Kirche für die Gemeindegestalten, also funktional und flexibel und im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Zukunft, das bleibt.
Wir glauben, mit diesen Maßnahmen einen Raum zu schaffen, in den die alte
Walldorfer Kirchenburgseele zurückkehrt.
Pfarrer Heinrich von Berlepsch
Das ist eine Kaugummi-Antwort, dehnbar in alle Richtungen. Wollen Sie keinen der beiden Vorschläge umsetzen?
Von Berlepsch: Wir haben uns im Gemeindekirchenrat in mehreren Sitzungen dazu verständigt, eine konservatorische, künstlerische, funktionale Innengestaltung der Kirche umzusetzen.
Also welcher Vorschlag wird jetzt genommen?
Von Berlepsch: Ein anderes Konzept muss her, ein neues, konservatorisch-künstlerisch und doch nicht konservativ.
Gibt es für die neue Vorgehensweise schon einen Plan?
Von Berlepsch: Ja. Der Plan besteht darin, die alte Kassettendecke in Adaption wieder zu errichten. Die Wände und Fenster und Fensteröffnungen restauratorisch zu behandeln und zu erhalten. Der Putz wird in Teilen ebenfalls erhalten und in einer Fassung, wie sie im 16. Jahrhundert bestand, ergänzt. Wir prüfen, analog der historischen Befundlage,
durchaus auch einen Fußboden aus Sandstein zu beschaffen. Vom Raumgefühl her wäre damit die Kirche von 1580 wiederbelebt. Zur damaligen Zeit gab es beispielsweise noch keineEmporen. Wir glauben, mit diesen Maßnahmen einen Raum zu schaffen, in den die alte Walldorfer Kirchenburgseele zurückkehrt.
Die Kirchgemeinde hat den Wettbewerb initiiert, dessen Ergebnis ihr nun missfällt. Warum hat sie nicht von Anfang an ihre Vorstellungen zu Papier gebracht und diese mithilfe eines Architekten konkretisiert?
Von Berlepsch: Diese Vorstellungen waren im Ansatz im Vorfeld schon da. Wir haben damals überlegt, die Kirche mit fremden Kirchen-Original-Inventar auszustatten, um das Innere damit wiederzubeleben. Doch geeignetes Inventar war nicht am Markt. Der Wettbewerb hat weitere Lösungswege ausgelotet und der Kirchgemeinde gezeigt, was eine moderne Kirche bedeutet, die in ihrem Inneren kaum ihre Vergangenheit zeigt. Deshalb war auch dieser Wettbewerb wichtig, um zu schauen, was die Kirchgemeinde will und was sie nicht will.
Zum besseren Verständnis: Welche Gestaltung des Kircheninneren sahen die beiden Vorschläge vor?
Merkel: Der eine Entwurf möchte uns in der Farbgebung ein Goldweiß zurückgeben in einer funktionalen Kirche. Der Zweite wollte die Gestaltung von 1580 aufgreifen, hat jedoch in das Innere sehr markante Möbel gesetzt und das Gesamtbild durch neue Holzeinbauten dominiert. Dazu entstand noch eine Verjüngung zwischen Kirchenschiff und Chor, die den Altar fast in einen Nebenraum gestellt hätte.
Was möchte die Kirchgemeinde?
Merkel: Die Kirchgemeinde möchte das Raumgefühl von 1580 herstellen mit beschriebener Decke, Wand und Fußboden. Festlegung des Bauherrn ist es auch, dass die alte Kanzel in Kopie wieder hineingestellt wird. Und die beiden Epitaphien der Marschalks von Ostheim sollen in restauriertem Zustand wieder ihren Platz neben der Kanzel erhalten. Fast alle Fenster erfahren eine künstlerische Gestaltung. Allein schon diese Neuerung wird dem Kircheninneren einen komplett anderen Gesamteindruck geben, der nach innen und außen abstrahlt. Kruzifix, Altar, Pult und Kirchenbänke, gilt es noch zu gestalten. Die neue Kirche wird also auch zeitgemäß und funktional sein.
Wo kommt die Orgel hin?
Merkel: Laut Gemeindekirchenrats-beschluss an der linken Westwand zum Kirchturm. Dazu wird es ein separates Entwurfs- und Angebotsverfahren geben, unter der Leitung desOrgelsachverständigen der Landeskirche.
Was hat das gestalterische für Konsequenzen?
Von Berlepsch: Wir werden mit den Preisträgern reden und ihnen denEntscheidungsprozess und das Fazit der Kirchgemeinde vorstellen. Wir möchten sie zu einer anderen Sicht unseres Kirchenraumes einladen und dazu, an den Zielvorstellungen der Kirchgemeinde mitzuwirken. Sie sind Architekten und dürften mit ihren eingereichten Entwürfen noch nicht am Ende ihrer kreativen Möglichkeiten angelangt sein.
Die Kirche bleibt eine Baustelle, die eher geeignet ist, sich da die Beine zu brechen, alsdort Gottesdienste zu feiern.
Pfarrer Heinrich von Berlepsch
Welche Maßnahmen sollen im Zuge des Wiederaufbaus 2014 umgesetzt werden?
Merkel: Im letzten Jahr haben wir den ersten Bauabschnitt, die Sanierung des Kirchturmes, fast beendet. Es gibt noch einige Restleistungen bei den Steinmetzarbeiten, die wegen der Witterungsverhältnisse nicht alle 2013 ausgeführt werden konnten. Der Einbau des neuen Glockenstuhls zur Vorbereitung der Glockenmontage erfolgt im Frühjahr, inklusive der Kirchturmuhrenanlage, die übrigens drei Ziffernblätter bekommt anstatt nur eines. Die Ziffernblätter zeigen nach Süden, Westen und Norden - so wie es momentan am Baugerüst angedeutet ist. Der zweite Bauabschnitt ist die statisch-konstruktive Sicherung der Mauerwerkswände des Hauptschiffes, des Altarraumes und der Grüfte. Dann bekommt das Hauptschiff einen neuen Dachstuhl mit einer neuen Dacheindeckung. Es wird also nebender Glockenweihe auch 2014 wieder ein Richtfest geben. Bis Ende des Jahres wollen wir die Rohbauarbeiten abschließen. Parallel dazu gibt es Reparaturarbeiten an der Wehrmauer.
Wenn die Kirche im Herbst wieder ein Dach hat, feiern die Walldorfer dann vielleicht auch schon Weihnachten im Gotteshaus?
Von Berlepsch: Diese Frage bekomme ich oft gestellt, ob wir nicht zu den verschiedenen Anlässen die Kirche nutzen könnten. Aber so weit sind wir noch nicht. Es ist Ende desJahres in der Kirche noch richtig kalt. Sie bleibt eine Baustelle, die eher geeignet ist, sich da die Beine zu brechen, als dort Gottesdienste zu feiern. Der Aufwand wäre zu groß. Die Kirche steht im Rohbau da. Sie ist wie eine offene, zugige Halle.
Einen Satz zu den Vorhaben 2015?
Merkel: Der dritte Bauabschnitt beinhaltet den Ausbau der Kirche und die Ausstattung des Kirchenraumes sowie die Gestaltung der Außenanlagen.
Interview Oliver Benkert