Geschichte
Geschichte der Kirchenburg
Schon geraume Zeit vor ihrer ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 982 in einer Schenkungsurkunde an die Petruskirche zu Aschaffenburg wurde die heute Walldorfer Kirchenburg genannte Anlage als Königshof gegründet. Der aus der Tal-Ebene emporragende Fels eignete sich ideal zum Bau einer Befestigungsanlage.
Die Befestigung lag an der Nordgrenze des ehemaligen Frankenreiches am Werraübergang der alten Handelsstraße von Frankfurt am Main nach Gotha und Erfurt (Frankfurter Straße). Um den Königshof entstand später der Ort Walldorf.
Im Jahr 1008 übernahm das Bistum Würzburg Walldorf mit seinem Burgberg. Die Würzburger bauten die Wehranlage aus und gestalteten sie zur bischöflichen Festung um. Man errichtete eine erste Kapelle, der später eine Kirche folgte. Noch heute sind aus jener Zeit romanische Fensteröffnungen sichtbar. Zur eigentlichen Kirche wurde die Anlage erst im Spätmittelalter.
Das Kirchengebäude „zu unserer lieben Frauen“, wie es früher einmal hieß, wurde in der heutigen äußeren Gestalt 1587 errichtet, 1634 bis auf das Mauerwerk zerstört, und im Zeitraum von 1648 bis 1651 neu hergerichtet.
Noch heute finden sich viele Spuren aus jener Zeit, wie Brandreste und feuerkonservierte Lebensmittel, auch ein Münzschatz und vor einigen Jahren sogar ein verschütteter Zeitgenosse gleich hinter dem Torbogen am Eingang der Burganlage.
Der Burgberg verdankt seine isolierte Lage zum Teil künstlichen Felsarbeiten. Der tiefe Graben an der Nordseite ist ein manuell angelegter Halsgraben. Durch diesen ist das Terrain von der angrenzenden Anhöhe getrennt. Der Aufgang liegt an der Südwestseite.
Die Kirche steht fest auf Sandsteinfels, der mit Ringmauern, 5 Bastionstürmen, zahlreichen Schießscharten und Resten des alten Wehrganges immer noch sehr verteidigungsfähig anmutet. Der Fußboden der Kirche liegt 11 m über der Dorfstraße.
Die hohe steinerne Ringmauer, die die Kirche noch heute komplett umfriedet, besitzt 5 Rundtürme und hat eine Höhe von vier bis acht Metern. Die Stärke schwankt zwischen einem und 1,30 Meter.
Es finden sich deutliche Spuren von Wehrgängen und verschiedenste Schießscharten, zum Teil in mehreren Stockwerken übereinander. Wie bei Wehranlagen üblich, ist der Eingang so angelegt, dass die ungeschützte Seite der Anstürmenden den Verteidigern zugewandt war.
Innerhalb der Mauer besaß jeder Bauernhof einen Gaden, das ist ein Schuppen oder ein kleiner Keller zum Unterbringen der Vorräte in Belagerungszeiten.
Auch die großen Keller unter dem Kirchenberg dienten diesem Zweck. Allerdings hat Walldorfs Zufluchtsort nie einen eigenen Brunnen besessen.
Infolge des mäßigen Verteidigungswertes der Anlage wurde später die benachbarte, von den Würzburger Bischöfen errichtete Burg Landeswehre nötig, an dessen Platz heute das Schloss Landsberg (Meiningen) steht.
Am Äußeren der Kirche hinterließen die Kunstepochen Romanik, Gotik und Renaissance ihre Spuren.
Man erkennt dies am Grundriss der Kirche, an teilweise zugemauerten romanischen Fenstern und späteren Fensteröffnungen. Auch mehrere An- und Umbauten aus späterer Zeit sind deutlich zu erkennen.
Umfangreiche archäologische und bauhistorische Untersuchungen an den durch den großen Brand vom 03. 04. 2012 entkernten Gebäudeteilen lassen in den nächsten Jahren viele neue Erkenntisse zur Walldorfer Kirchenburg erwarten und bedürfen dringend der wissenschaftlichen Aufarbeitung. Es lohnt sich, bis dahin insbesondere die Grabungen innerhalb der Burganlage zur Kenntnis zu nehmen.
Dorfgeschichte
Aus: Bau und Kunstdenkmäler Thüringens
Im Auftrag der Regierungen von Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen und Hildburghausen, Sachsen - Altenburg, Sachsen - Coburg und Gotha, Schwarzburg - Rudolstadt, Reuss älterer Linie und Reuss jüngerer Linie bearbeitet von Prof. Dr. P. Lehfeldt
und Prof. Dr. G. Voss, Conservator der Kunstdenkmäler Thüringens
Herzogthum Sachsen - Meiningen I. Band l. Abtheilung. Kreis Meiningen Amtsgerichtsbezirk Meiningen (Die Stadt Meiningen und die Landorte) mit 74 Tafeln und 356 Abb. im Texte.
Jena Verlag von Gustav Fischer 1909 S. 556 - 576.
Walldorf
(982 Walchdorf, Dobenecker, Reg. I. 522, 1008 Walahdorf, Dobenecker, Reg. I. 618, 1176 Walechdorf, Dobenecker, Reg. II. 513, doch wohl von den "Walchen" = Wälschen, hier angesiedelten Fremden, benannt). Pfarrdorf mit 1738 Einwohnern an der Einmündung der Herpf in die Werra, 6 km nordnordwestlich von Meiningen.
Die Örtlichkeit am Ausgangspunkt der vom Werragrund nach Franken, der Straße nach Frankfurt a.M. durch den Herpfgrund, der Hochstraße nach Schmalkalden und Thüringen (vergl. den Stein an der Werrafurt unten) musste schon früh zu einer Aussiedelung, der aus der Thalebene emporsteigende, später Kirchberg genannte Hügel zu einer Befestigungsanlage einladen. So verdient die auch anderweitig zu stützende Annahme sicher Zustimmung, wonach Walldorf aus einem befestigten Wirtschaftshof (curtis) der karolingischen Könige hervorgegangen ist, wie deren Karl der Große und seine Nachfolger erwiesenermaßen an vielen Punkten der Nachbarschaft, wo sie Reichsgüter besaßen, begründet haben (Rubel, Die Franken S. 332).
Dass die alte Burg dem Besitzer des königlichen Eigengutes wirklich zu Wirtschaftszwecken diente, wird durch die noch heute bestehende Zusammengehörigkeit des großen "Burgkellers" am Kirchberg mit dem ursprünglichen Königsgut, dem späteren v. Marschalkschen Hof zu großer Wahrscheinlichkeit erhoben (Fritze, Dorfbilder S. 35). Diese königlichen "Höfe" sollten in erster Linie den auf einem Kriegszug befindlichen Heeresmassen Verpflegung und Sicherheit bieten (daher bisweilen auch als Heersteilen, heristalle bezeichnet), andererseits gewährten sie den festen Siedlern mit ihrem Gesinde und Vieh gegen die Verpflichtung zur Mitverteidigung erwünschten Schutz. Unter den späteren Karolingern lockerte sich der straffe Reichsverband, den König Karl mit weit schauendem Blick und kluger Berechnung hergestellt hatte. Als dann die Krone an andere Geschlechter überging, verlor die Walldorfer curtis ihre ursprüngliche strategische Bedeutung und so erklärt es sich wohl, dass Kaiser Otto II. ein außerordentlich freigebiger Freund der Geistlichkeit, im Jahre 982, während er mit den Oströmern im Kriege lag, sein Eigengut in den Orten Meiningen und Walldorf (Walachdorf) mit allem Zubehör in der Meininger Mark der Peterskirche zu Aschaffenburg abtritt (Dobenecker, Reg. I., 522). 26 Jahre danach geht dann dieses Kirchengut an das Bistum Würzburg über. Für dieses gewann Walldorf, als an der Nordgrenze seines Gebietes gelegen, erneute Bedeutung und musste darum mit stärkeren Wehranlagen ausgerüstet werden. Als bischöfliche Festung enthielt es auch eine Burgkapelle und später, als der Umfang des Dorfes sich erweiterte, eine Kirche. Mit der Erbauung der dicht benachbarten würzburischen Feste Landeswehr minderte sich die Bedeutung der niederen Walldorfer Befestigungsanlagen: die Werke verfielen, und die "curtis" wurde der Kirch- und Friedhof des Ortes, wo in Fällen der Gefahr die Ortsbewohner mit ihrer Habe Zuflucht fanden. Dafür blieben sie bis in die neueste Zeit (1868) der Kirchenverwaltung gegenüber zinspflichtig (Fritze, Dorbilder, a.a.O.). Durch den bekannten Tauschvertrag von 1542 erlangten die Grafen von Henneberg die Gerichtsbarkeit und mit Einführung der Reformation 1544 das Episkopalrecht, während die Lehnsherrlichkeit über die Rittergüter und das Dorf bei Würzburg verblieb.
Die adligen Geschlechter, welche mit den Rittergütern belehnt waren, übten schon damals die Ortsherrschaft und die niedere oder Guts-Gerichtsbarkeit aus. Anfänglich nannte sich das hier ansässige Rittergeschlecht nach dem Ort selbst: So erscheint ein Hermann de Walahdorf 1176 urkundlich als Zeuge, 1189 Heinrich de Wahltorf als Salmann für eine Schenkung des Ritters Berthold, v. Schwickershausen; später verschwindet dieses Geschlecht aus der heimischen Geschichte. Zu Anfang des 15. Jahrhunderts finden wir den Ritter Fritz von Herbilstadt im Besitz des Gutes Walldorf, der verkauft es im Jahre 1410 an die Gebrüder Wilhelm und Sittich v. Marschalk, welche damit vom Stift Würzburg belehnt werden; bald danach vergleichen sich beide Brüder derart, dass Sittich das Gut allein übernimmt. Das Marschalksche Gut blieb im Besitz der Linie von 1410 bis 1809, wo es mangels eines lehensberechtigten Erben an die Landesherrschaft heimfiel und in ein Domänengut verwandelt wurde. Neben dem Marschalkschen Gute war jedoch in Walldorf noch ein zweites Rittergut vorhanden, das ursprünglich der Familie Wolf v. Landeswehr zustand, 1496 aber mit Kunz Wolfs Tod in eine Diemarsche und eine Hessbergische Hälfte geteilt wurde. Die erstgenannte wurde 1847 vom Staat angekauft und ist Domänengut geworden. Die letztere gelangte kurz danach (nach dem 30-jährigen Kriege 1656) an die Herren Wolfskehl v. Reichenberg, 1738 (?) an die Herren Marschalk v. Ostheim und 1775 an die Herren v. Bibra, in deren Besitz sie sich noch jetzt befindet. Beide Domänengüter, das ehemals Marschalksche, wie das Diemarsche, wurden zu Petri 1896 von der "Genossenschaft der Gemeinderechts-Theilhaber" zu Walldorf käuflich erworben.
Die in dem Orte ansässigen Rittergeschlechter bildeten eine sogenannte "Ganerbschaft". Der bedeutendste unter diesen adligen Herren ist der Ritter Bernhard Marschalk v. Ostheim, hennebergischer bzw. sächsischer Statthalter, d. h. Landesgerichtspräsident (1568 - 1600), der 1582 zu Walldorf ein Hospital mit fünf Pfründnerstellen stiftete und auch sonst durch wohltätige und gemeinnützige Veranstaltungen sich ein dauerndes Andenken sicherte. Die adligen Ganerben schlossen sich der fränkischen Reichsritterschaft an und waren dem Ritterkanton Rhön-Werra zugeteilt, an dessen Vorort Schweinfurt auch die Steuern entrichtet werden mussten. Zwischen der Landesherrschaft und den freien Rittern kam es oft zu Irrungen über die beiderseitigen Gerechtsame. Nach langjährigem Streit wurde 1670 den Walldorfer Gutsbesitzern das kirchliche Patronat und eine Erweiterung ihrer Gerichtsbarkeit eingeräumt, und 1686 trat Herzog Bernhard I. sein Episkopalrecht und die gesamte Gerichtsbarkeit um 2500 fl. fr. an die Ganerben ab.
Somit waren die Hoheitsrechte über Walldorf in vollem Umfang von der Landesherrschaft auf die Adelsgeschlechter übergegangen. Walldorf bildete, obgleich es ringsum von sachsen-meiningischem Gebiet umschlossen war, ein staatliches Sonderwesen. Zum Zeichen der Reichsunmittelbarkeit breitete über der Wetterfahne des Walldorf er Kirchturmes (ebenso wie am Kirchturm in Nordheim im Grabfeld) am Fahnenstock der Reichsadler stolz seine Flügel aus. Dies änderte sich in der napoleonischen Zeit. Durch die Auflösung des heiligen römischen Reiches deutscher Nation und die Gründung des Rheinbundes (l806) erreichte die Reichsritterschaft ihr Ende. Die Landeshoheit (Souveränität) fiel an das zum Großherzogtum beförderte Würzburg zurück und wurde nebst der Lehnsherrlichkeit 1808 an das Herzogtum Sachsen-Meiningen abgetreten. Den adligen Gutsbesitzern verblieb nur die Ausübung der Gerichtsbarkeit und das Patronatsrecht. Erstere ging 1848 an den Staat über, letzteres steht noch jetzt den Gutsbesitzern zu (d. Z. Fiskus, Familie v. Bibra und Genossenschaft der Gemeinderechts - Theilhaber).
Der Ort, der bereits am 31. Mai 1517 einmal zur Hälfte abgebrannt war, litt im dreißigjährigen Kriege, namentlich bei dem Kroateneinfall 1634, ganz entsetzlich. Kirche und Schule, Pfarrhaus und viele andere Gebäude gingen in Flammen auf (18. Oktober 1634). Sogar an den Toten ließen die zügellosen Horden ihre Wut aus. Von dem Grabe des ehemaligen Statthalters Bernhard Märschalk v. Ostheim, welches sich vor der Kirchtüre befand, rissen sie das schöne Epitaphum und ein eisernes Kruzifix hinweg, gruben den Leichnam aus und schleppten alle erbeuteten Kostbarkeiten von dannen (Schriften des Vereins für meining. Geschichte, Heft 27, S. 53). Auch 1742 und 1836 wüteten große Feuersbrünste.
Die Kirche "zu unserer lieben Frauen" auf dem "Kirchberge", 1587 erneuert, wurde 1634 bis auf das Mauerwerk zerstört, 1648-1651 aber neu hergerichtet. Eine langatmige Denkschrift über diesen vorzüglich der Energie des damaligen Pfarrherrn M. Samuel Scheiner zu dankenden Neubau lassen die Ganerben im Kirchturmknopf verwahren, Dieser zufolge waren die Baumeister und Schieferdecker: Nic. Grieser sen. und Nic. Grieser jun., dann Nic. Kopper, alle von "Listen" (Lehesten) im Vogtlande. "Von diesem. Thurmzudecken, -auszustaffieren und von den Schieffersteinen herbeyzuschaffen hat die Gemeinde 130 Rthlr. vor alles, wie auch 4 Rthlr. den Meistern vor Weinkauf zalt. Vor den grossen Knopf hat die Gemeinde dem Kupfferschmiedt zu Schleusingen Vathin Weisen 15 Rthlr. (ge)geben, den kleinen Knopf aber hat der Kupferschmidt zur Kirchen verehrt." Ein moderner Umbau der Kirche wurde 1906 vollendet.